MaRisk-Novelle erhöht Risiko-Anforderungen für Leasing- und Factoring-Gesellschaften

Das Webportal der Bank-Verlag GmbH bietet einen Gemeinschaftsbeitrag zur Tragweite einer Umsetzung der regulatorischen Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) in Bezug auf erhöhte Risiko-Anforderungen für Leasing- und Factoring-Gesellschaften:

Leasing- und Factoring-Gesellschaften unterliegen als Finanzdienstleistungsinstitute seit inzwischen mehr als drei Jahren der Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und die Deutsche Bundesbank. Die damit einhergehenden Verpflichtungen zur Umsetzung der MaRisk-Leitlinien in der Folge des § 25a des Kreditwesengesetzes (KWG) sowie grundsätzlicher Compliance-Anforderungen – hauptsächlich aus dem Geldwäschegesetz (GwG) – stellten in der Vergangenheit insbesondere kleinere und mittlere Leasing- und Factoring-Gesellschaften nicht selten vor erhebliche organisatorische Herausforderungen.

Mit der MaRisk-Novelle 2012 stehen nun weitere Änderungen an, obschon in manchen Gesellschaften noch Nachholbedarf bei der vollständigen Erfüllung der bisherigen Anforderungen besteht. Häufig wurden inzwischen zwar erste Umsetzungsschritte eingeleitet, jedoch noch kein umfängliches und „gelebtes“ Risikomanagementsystem etabliert. Andere Gesellschaften wiederum haben bei der Umsetzung der MaRisk mittlerweile ein zielführendes Vorgehen entwickelt, um diese Hürde erfolgreich zu nehmen. Dabei hat sich – in Abhängigkeit vom Risikogehalt der Geschäftstätigkeit des Unternehmens, der Größe der Organisation und nicht zuletzt auch der Erwartungshaltung des jeweiligen Wirtschaftsprüfers – ein weitgehend üblicher Standard etabliert.

Dazu gehört u.a. die Formulierung einer zur Geschäftsstrategie konsistenten Risikostrategie. Eine Beschreibung der wesentlichen Ansätze zur Steuerung des Geschäfts und der daraus resultierenden Risiken ist erforderlich. Die Risikostrategie sollte dabei auch die Aspekte der IT sowie bei umfangreichen Auslagerungen das Outsourcing berücksichtigen. Mit der dritten MaRisk-Novelle wurde auch der Strategieprozess eines Unternehmens (Darstellung der strategischen Ziele sowie der Maßnahmen zu ihrer Erreichung, Analyse der Umsetzung und bei Bedarf Anpassung der Ziele) zum Gegenstand der Prüfung. Die Risikostrategie muss Bestandteil einer umfassenden Risikodokumentation (Risikohandbuch) sein.

Herzstück ist eine regelmäßig durchgeführte Risikoinventur. Hier werden organisationsweit alle Risiken der Gesellschaft inklusive Risikokonzentrationen erfasst, quantifiziert (Bewertung von Eintrittswahrscheinlichkeit und Auswirkungshöhe), mit Gegensteuerungsmaßnahmen und ggf. Früherkennungsindikatoren versehen und im Anschluss an die Geschäftsleitung berichtet. Bestandteil des Reportings sind auch Aussagen zur Beurteilung der Risikotragfähigkeit.

Im Rahmen der Entwicklung eines Risikotragfähigkeitskonzepts inklusive einer Gegenüberstellung von Risikodeckungsmassen und Risiken erfolgt der Aufbau einer Systematik zur Beurteilung der Risikotragfähigkeit (z. B. Nutzung des Substanzwertverfahrens) und eine regelmäßige Überprüfung, die auch anlassbezogen bei Veränderungen der eigenen Geschäftstätigkeit, der strategischen Ziele oder erwarteter Veränderungen des wirtschaftlichen Umfelds in Gang gesetzt werden kann. Zur Pflichtübung wird darüber hinaus die Durchführung von Stresstests.

Erforderlich sind mindestens qualitative Überlegungen im Hinblick auf außergewöhnliche, aber plausibel mögliche Ereignisse – nach Bedarf ergänzt durch quantitative Modelle –, die das Institut gefährden können. Dabei sind sinnvolle historische und hypothetische Szenarien (inklusive Auswirkungen eines schweren konjunkturellen Abschwungs) darzustellen. Weitere Elemente, wie z. B. der Aufbau einer Notfallplanung, die Umsetzung der § 25c KWG-Pflichten (sonstige strafbare Handlungen) oder Anforderungen der Institutsvergütungsverordnung können sinnvoll und mit einem überschaubaren Aufwand in ein funktionierendes Risikomanagementsystem integriert werden. Dabei erhöht eine pragmatische Vorgehensweise den betriebswirtschaftlichen Nutzen und reduziert die Komplexität der Anforderungen.

Risikocontrolling- und Compliance-Funktionen

Wesentliche Eckpunkte dieser vierten Novelle der MaRisk, mit deren Veröffentlichung im Herbst 2012 zu rechnen ist, beziehen sich auf den Kapitalplanungsprozess und ein Liquiditätstransferpreissystem, die Einrichtung eines Limitsystems für alle im Risikotragfähigkeitskonzept berücksichtigten Risiken sowie die Einrichtung von Risikocontrolling- und Compliance-Funktionen. Dabei sind insbesondere die letzten beiden Elemente für Leasing- und Factoring-Gesellschaften von besonderer Bedeutung.

Mit der Festlegung von Risikotoleranzen soll die Geschäftsleitung eine bewusste Entscheidung darüber treffen, in welchem Umfang sie bereit ist, Risiken einzugehen. Neben rein quantitativen Vorgaben (z. B. Strenge der Risikomessung, Globallimite, Festlegung von Puffern für bestimmte Stressszenarien) kann die Risikotoleranz auch in der Festlegung von qualitativen Vorgaben zur Geltung kommen (z. B. Anforderung an die Durchführung von Geschäften, Pflicht zur Versicherung von Objekten). Risiken und damit verbundene Risikokonzentrationen sollen unter Berücksichtigung der Risikotragfähigkeit und der Risikotoleranzen wirksam begrenzt werden.

Die Begrenzung von im Risikotragfähigkeitskonzept einbezogenen Risiken soll insbesondere durch ein konsistentes Limitsystem erfolgen. Auf der Basis quantitativer und qualitativer Risikomerkmale sind geeignete Indikatoren für die frühzeitige Identifizierung von Risiken sowie von risikoartenübergreifenden Effekten abzuleiten. Es ist zudem gefordert, dass jedes Institut über eine Risikocontrolling-Funktion verfügen muss, die für die unabhängige Überwachung und Kommunikation der Risiken zuständig ist. Die Aufgaben des Risikocontrollings werden klar definiert. Dem Risikocontrolling sind alle notwendigen Befugnisse und ein uneingeschränkter Zugang zu allen Informationen einzuräumen, die für die Erfüllung dieser Aufgaben erforderlich sind.

Ferner wird gefordert, dass jedes Institut über eine funktionsfähige Compliance-Funktion verfügen muss. Diese hat auch die Risiken, die sich aus der Nichteinhaltung gesetzlicher Bestimmungen und sonstiger Vorgaben ergeben können, zu beurteilen.

Grundsätzlich ist die Compliance-Funktion unmittelbar der Geschäftsleitung unterstellt und berichtspflichtig. Sie kann auch an andere Kontrolleinheiten angebunden werden (z. B. Risikocontrolling, nicht jedoch Interne Revision). Es ist ein Compliance-Beauftragter zu benennen. Ihm sind – analog zur Risikocontrolling-Funktion – alle notwendigen Befugnisse und ein uneingeschränkter Zugang zu allen Informationen einzuräumen, die für die Erfüllung dieser Aufgaben erforderlich sind. Die Compliance-Funktion hat der Geschäftsleitung mindestens jährlich sowie anlassbezogen über ihre Tätigkeit Bericht zu erstatten.

Für kleinere und mittlere Leasing- und Factoring-Gesellschaften stellt sich somit wiederum die Frage nach einer sinnvollen und angemessenen Ausgestaltung dieser weitergehenden Anforderungen. Aufgrund des Proportionalitätsprinzips der MaRisk und den bisherigen Praxiserfahrungen kann grundsätzlich von der Anwendung einer „Aufsicht mit Augenmaß“ ausgegangen werden. Dennoch verbleibt für alle Institute die generelle Pflicht, ihre Systeme kontinuierlich weiterzuentwickeln und stetig an die neuen aufsichtsrechtlichen Anforderungen anzupassen. Auch hier haben die Erfahrungen der Vergangenheit gezeigt, dass eine Missachtung bzw. nicht angemessene Realisierung innerhalb der Zeitvorgaben aufsichtliche Maßnahmen bis hin zum Erlaubnisentzug nach sich ziehen können.

Das Autorenteam Silvia Rohe und Manuela Nuhn haben diesen Aufsatz zusammengestellt. Rohe ist Certified Compliance Professional (CCP) und Senior Consultant Compliance beim Verband der Vereine Creditreform e. V. in Neuss. Nuhn ist Partner bei der CP Consultingpartner AG in Köln.

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