In der Immobilienbranche mangelt es generell an Sensibilität und Wissen zum Erkennen von Geldwäschesachverhalten, so die erstmalig durchgeführte Studie des Bundeskriminalamtes (BKA) „Geldwäsche im Immobiliensektor in Deutschland“. Auch das Empfinden für die besondere Gefährdung des Immobiliensektors durch Geldwäscheaktivitäten fehlt.
Investitionen in Immobiliengeschäfte eignen sich nach Ansicht der Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF) und anderen Studien besonders für Geldwäsche. Faktoren hierfür sind die Möglichkeit, große Werte zu transferieren und zahlreiche Gelegenheiten, die Mittelherkunft und Identität des wirtschaftlich Berechtigten zu verschleiern, etwa durch komplexe Eigentümerstrukturen und Finanzierungsmodelle unter Einbindung von Off-Shore-Standorten.
Die Anzahl von Verdachtsmeldungen ist dazu jedoch vergleichsweise gering. Von 11.042 Verdachtsanzeigen/meldungen im Jahr 2011 wiesen nur 292 – und damit nur 2,6 Prozent – einen Immobilienbezug auf.
Wissen über Geldwäschegesetz variiert zwischen Berufsgruppen
Die Untersuchung des BKA zeigt: Das Thema Geldwäsche und Geldwäscheprävention ist bei den Befragten generell nicht präsent. Die Umfragegruppe Vermittlung sieht sich in der Ausübung ihres Berufes durch die Verpflichtungen eher eingeschränkt. Es findet keine Prüfung der Geschäftsvorfälle auf mögliche Geldwäscheaktivitäten statt, bei einem Verdacht wird meist keine Verdachtsanzeige oder -meldung erstellt. Schulungen und Kontrollen werden nicht durchgeführt.
Die Teilnehmer der Umfragegruppe Erstellung (Bauunternehmer, Bauträger, Projektentwickler) sind nicht mit dem Geldwäschegesetz und seinen Verpflichtungen vertraut. Bei 50 Prozent sind Compliance- und Antikorruptionsrichtlinien in den Unternehmen implementiert. Eine grundsätzliche Prüfung der Geschäftsvorfälle erfolgt nur teilweise. Geldwäschemeldungen werden jedoch aus wirtschaftlichem Interesse und aufgrund befürchteter Reputationsschäden meist unterlassen.
Der Großteil der Befragten der Gruppe Immobilienverwaltung ist mit dem Geldwäschegesetz grundsätzlich vertraut. Compliance- und Antikorruptionsrichtlinien existieren allerdings nur in einigen Unternehmen. Ebenfalls bestellen nur wenige Unternehmen einen Geldwäschebeauftragten oder führen Schulungsmaßnahmen zu dieser Problematik durch.
Finanzsektor stärker sensibilisiert
Der Finanzsektor ist im Vergleich zum Nichtfinanzsektor weitaus mehr für diese Problematik sensibilisiert. Hier existieren bereits geldwäschebezogene Risikomanagementsysteme und Präventionsmaßnahmen. Die Befragten konnten konkrete Anhaltspunkte und Warnsignale für mögliche Geldwäschegeschäfte nennen.
Das BKA betont daher, dass die Beschäftigung mit Geldwäsche im Immobiliensektor ein essentielles Thema darstellt und die Situation verbessern werden muss. Ziel der Studie war die Analyse des Immobiliensektors im Hinblick auf dessen Aufbau, Teilnehmer und die Arten der möglichen Transaktionen. Weiterhin sollten die Aspekte einer möglichen Geldwäschegefährdung ermittelt und typologisiert werden. Als Resultat daraus folgte die Entwicklung eines Maßnahmenkatalogs mit konkreten Vorschlägen zur Verbesserung der Geldwäscheprävention.
Um dem mangelnden Wissen über Geldwäsche zu begegnen, führt die Studie konkrete Handlungsvorschläge, wie die bessere Aufklärung durch Schaffung von Schulungsangeboten, die Erstellung von Leitfäden und Fachpublikationen sowie die Entwicklung einen Katalogs mit Warnhinweisen für mögliche Geldwäscheaktivitäten sowie die Förderung und Bildung von Arbeitsgruppen, an. Die Bündelung der Aufsichtsbehörden soll die Vereinheitlichung der Geldwäscheaufsicht im gesamten Immobiliensektor sichern. Ebenso wird die Entwicklung von Zentraldateien als mögliche Maßnahme aufgeführt.
Durchführung der Studie
Zur Erhebung der Daten erfolgte Literaturrecherche, die Untersuchung von Fallbeispielen und eine onlinebasierte Umfrage mit 2.410 Teilnehmern sowie 33 ergänzende Interviews mit Vertretern der an Immobilientransaktionen beteiligten Berufsgruppen sowie Vertretern von Aufsichtsbehörden, Fachverbänden und berufsständischen Kammern. Bereits die Rücklaufquote der Umfrage von 3,9 Prozent gibt laut BKA einen Hinweis auf die mangelnde Sensibilität für das Thema.
Die ausführlichen Ergebnisse der Studie sowie die Typologie von Geldwäscheaktivitäten finden Sie auf der Homepage des BKA.