Die prekäre Lage der Volkswirtschaften Südeuropas spiegelt sich im Insolvenzgeschehen wider: So finden sich Griechenland (+ 27,3 % auf 452 Fälle), Spanien (+ 18,7 % auf 5.752 Fälle), Italien (+ 16,9 % auf 11.792 Fälle) und Portugal (+ 17,1 % auf 6.025 Fälle) unter den Ländern mit deutlichen Zuwächsen bei den Unternehmensinsolvenzen. Der vergleichsweise guten Entwicklung in den zentraleuropäischen Ländern wie Deutschland (- 5,8 % auf 30.200 Fälle), Frankreich (- 3,0 % auf 49.506 Fälle), Österreich (- 7,0 % auf 6.194 Fälle) und den Niederlanden (- 2,9 % auf 7.000 Fälle) ist es zu verdanken, dass die Insolvenzsituation im zurückliegenden Jahr kein dramatischeres Ausmaß angenommen hat.
Peripherieländer im Schatten der Schuldenkrise
Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in den EU-15 Ländern (Mitgliedstaaten bis einschließlich April 2004) plus Norwegen und der Schweiz ist im vergangenen Jahr auf 174.917 gestiegen. Damit konnte ein leichter Zuwachs von 0,3 % gegenüber 2010 registriert werden, als noch 174.463 Unternehmen von einer Insolvenz betroffen waren. Im historischen Vergleich befindet sich die Zahl der Insolvenzfälle seit dem Beginn der Finanzkrise 2008/09 auf einem hohen Niveau.
Insolvenzgefährdete Stellen | Jede dritte Insolvenz ein Dienstleistungsunternehmen
Die Verschärfung der Lage im europäischen Insolvenzgeschehen hat sich auf die insolvenzbedingte Arbeitslosigkeit ausgewirkt. So ist die Zahl der drohenden Arbeitsplatzverluste im Jahr 2011 um 7,1 % auf 1,5 Millionen gestiegen (2010: 1,4 Millionen).
In Westeuropa sank die Zahl der insolventen Dienstleistungsunternehmen von 65.598 auf 64.544. Jedoch besaß der Dienstleistungssektor im Jahr 2011 mit 36,9 % immer noch den größten Anteil am Insolvenzgeschehen.
Aus dem Verarbeitenden Gewerbe kamen 18.366 Insolvenzen. Dies entspricht einem Anteil von 10,5 % (2010: 10,9 % = 19.016 Fälle). In den übrigen Wirtschaftsbereichen haben die Insolvenzzahlen zugenommen. So ist die Zahl der Firmenzusammenbrüche im Handel und Gastgewerbe von 53.211 auf 54.574 gestiegen. Der Anteil am Insolvenzgeschehen erhöhte sich binnen Jahresfrist von 30,5 % auf 31,2 %. Der Anteil des Bausektors erhöhte sich von 21,0 % auf 21,4 %. Im Jahr 2011 wurden insgesamt 37.432 insolvente Baufirmen registriert (Vorjahr: 36.637 Fälle).
Rückgang bei Privatinsolvenzen
Die Situation bei den Privatinsolvenzen hat sich entspannt. 2011 wurden in Westeuropa insgesamt 373.284 zahlungsunfähige natürliche Personen erfasst. Damit wurden rund 5.800 Personen weniger gezählt als im Vorjahr (379.091 Fälle). Dies entspricht einem Rückgang um 1,5 %. Der Rückgang lässt sich hauptsächlich auf die positive Entwicklung in Deutschland (- 5,8 % = 129.800 Fälle) und Großbritannien (- 8,8 % = 143.871 Fälle) zurückführen. Ein deutlicher Zuwachs an Privatinsolvenzen musste in Frankreich (+ 26,4 % = 56.079 Fälle), gefolgt von den Niederlanden (+ 26,0 % = 14.344 Fälle) und Finnland (+ 19,7 % = 3.531 Fälle) gemeldet werden.
Angespannte Insolvenzsituation in Osteuropa
Das wirtschaftliche Umfeld in den osteuropäischen Staaten wurde zu einem großen Teil durch die Schuldenkrise und den daraus entstehenden Konsequenzen in den Ländern Westeuropas bestimmt. Insgesamt ist die Situation im Angesicht der sich abzeichnenden schwierigen Kreditsituation für Unternehmen angespannt. So hat die Zahl der Firmenzusammenbrüche in Osteuropa um 6,1 % auf 39.423 Insolvenzfälle zugenommen (2010: 37.139 Fälle). Die größten Zuwächse sind in Bulgarien (+ 114,3 % = 1.500 Fälle), Slowenien (+ 32,4 % = 675 Fälle) und Tschechien (+ 21,5 % = 6.753 Fälle) zu verzeichnen. Ein deutlicher Rückgang zeigt sich in Lettland (- 66,8 % = 800 Fälle) und Estland (- 49,2 % = 256 Fälle).
Die meisten Insolvenzfälle in Osteuropa waren dem Handel und Gastgewerbe zuzurechnen (37,0 %). Der Anteil des Dienstleistungssektors lag bei 28,2 %. Fast jede fünfte Insolvenz (19,2 %) betraf einen Betrieb aus dem Verarbeitenden Gewerbe. 15,6 % der Firmenzusammenbrüche betrafen ein Bauunternehmen.
In Mittel- und Osteuropa dürften 230.000 Stellen durch eine Insolvenz gefährdet sein (2010: 200.000).
Längste Überziehungen bei Unternehmen aus der Mittelmeerregion
Wie schwierig es um die Liquidität der südeuropäischen Unternehmen bestellt ist, zeigen die schlechten Zahlungserfahrungen exportorientierter deutscher Unternehmen. So musste jedes vierte deutsche Unternehmen (25,2 %) einen Zahlungsverzug von über einen Monat hinnehmen, wenn es Waren nach Italien ausführte. Ebenso schlechte Schuldner waren spanische und portugiesische Unternehmen. Unter den deutschen, im Export tätigen Unternehmen klagten 23,4 % über Kunden aus Spanien und Portugal, die das vereinbarte Zahlungsziel mehr als 30 Tage verstreichen ließen. Geschäftliche Beziehungen nach Osteuropa waren mit ähnlichen Problemen behaftet. Nur jeder zehnte deutsche Exporteur hatte keinen Zahlungsverzug zu beanstanden, wenn er Waren in Länder wie Rumänien und Kroatien (10,6 %) oder Tschechien und Ungarn (10,7 %) ausführte.
In den zentraleuropäischen Volkswirtschaften stellte sich die Lage positiver dar. So blieben deutsche Unternehmen bei einem Export nach Österreich und in die Schweiz in mehr als drei von zehn Fällen (35,3 %) von einem Zahlungsverzug gänzlich verschont. Als relativ gute Schuldner zeigten sich ebenso die Benelux-Länder. Fast jedes vierte deutsche Unternehmen (23,3 %), das Waren in diese Volkswirtschaften lieferte, musste keinen Zahlungsverzug hinnehmen.
Rückläufige Entwicklung bei US-amerikanischen Insolvenzzahlen
In den USA war das Jahr 2011 vom Schuldenabbau geprägt. So konnten 8,2 % weniger Privatinsolvenzen registriert werden (2011: 1.411.000 Fälle; 2010: 1.536.799 Fälle). Ebenso positiv entwickelte sich die Insolvenzlage im Unternehmenssektor. Im Jahr 2011 mussten nur noch 48.500 Unternehmen Insolvenz anmelden (Vorjahr: 56.282 Fälle = – 13,8 %).
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Die Creditreform Wirtschaftsforschung veröffentlicht jährlich Anfang des Jahres die Studie
„Insolvenzen in Europa“.
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