Basler Ausschuss veröffentlicht Ergebnisse der ersten Analyse risikogewichteter Aktiva im Anlagenbuch von Kreditinstituten
Basel, 5. Juli 2013. Kreditrisiken sind der wesentliche Treiber für regulatorische Kapitalanforderungen, sie bestimmen durchschnittlich etwa zwei Drittel der risikogewichteten Aktiva (RWA) und erklären maßgeblich deren Varianz (Kreditrisiko: 77 Prozent, Marktrisiko: 11 Prozent, Operationelles Risiko: 9 Prozent). Nach der Veröffentlichung entsprechender Studienergebnisse zu Marktrisiken im Januar 2013 präsentiert der Basler Ausschuss nun im Rahmen seines Regulatory Consistency Assessment-Programms (RCAP) die Studienergebnisse für Kreditrisiken im Anlagenbuch internationaler Großbanken.
Die angesetzten Risikogewichte der teilnehmenden Großbanken unterscheiden sich teilweise deutlich: Im Rahmen der Top-Down-Analyse liegt die beobachtete Bandbreite durchschnittlicher Risikogewichte einzelner Banken zwischen 11 und 62 Prozent (zum Vergleich: 22 bis 64 Prozent unter Basel I). Diese große Abweichung ist per se wenig verwunderlich, da sie mehrheitlich auf das jeweils zugrundeliegende Risiko zurückzuführen ist und sich maßgeblich (bis zu drei Vierteln) durch die unterschiedliche Zusammensetzung der individuellen Anlagebücher erklären lässt.
Ein wesentlicher Teil der beobachteten Varianz wird indessen auch auf die Praxis der Risikomessung zurückgeführt: Neben einigen verbliebenen regulatorischen Differenzen (Kapitaluntergrenzen, Bewertung von Forderungsausfällen und Verbriefungspositionen) wird zur Erklärung der Bewertungsunterschiede insbesondere der jeweils gewählte auf internen Ratings basierende Ansatz (IRB) beleuchtet:
- Je nach Anlageklasse beeinflusst die teilweise Verwendung des Standardsatzes das ermittelte Risiko unterschiedlich stark.
- Bei Unternehmenskrediten führt der Advanced-IRB-Ansatz im Vergleich zum Basisansatz tendenziell zu niedrigeren Risikogewichten.
- Berechnete Ausfallwahrscheinlichkeiten (Probabilities of Default, PD) und Verlustquoten (Loss Given Default, LGD) werden als Hauptquelle bzw. sehr bedeutsam im Zusammenhang mit der beobachteten RWA-Varianz identifiziert.
Eine bemerkenswert unterschiedliche Bewertung gleicher Risiken in PD und LGD ist auch die entscheidende Feststellung der zusätzlich absolvierten Bottom-Up-Analyse auf Basis eines hypothetischen Portfolios aus (echten) Staats-, Banken- und Unternehmensassets. Die teilnehmenden (allesamt als systemisch relevant eingestuften) Banken gaben jeweils nur Auskunft zu jenen Titeln des hypothetischen Portfolios, mit denen Sie tatsächlich (sowohl on als auch off-balance-sheet) in Kontakt waren.
Während die relativen Risikoeinschätzungen der verschiedenen Titel weitgehend einheitlich ausfielen (ähnliche Rangordnung), wiesen die absoluten Schätzwerte deutliche Unterschiede auf: Besonders bei Staatsschuldtiteln und (etwas weniger stark bei) Bankanleihen werden substantielle Abweichungen festgestellt. Überträgt man die ermittelten Risikogewichte auf potentiell ausgewiesene Kapitalquoten, so weichen die ermittelten Werte um bis zu 22 Prozent (bzw. 2,2 Prozentpunkte) vom Richtwert ab. Überträgt man zusätzlich die individuellen Standardfehler in der Risikogewichtung auf das gesamte Bankportfolio, so erhöht sich die Abweichung potentiell ausgewiesener Kapitalquoten auf ein Maximum von 57 Prozent (bzw. 5,7 Prozentpunkte).
Auf Basis der Bottom-Up Analyse sowie zusätzlich durchgeführten Einzel-Interviews sieht die Studie die Gründe für die deutlich unterschiedliche Bewertung gleicher Risiken insbesondere in den institutsindividuellen Datensätzen und in der praktischen Umsetzung zugrunde liegender Risikomodelle. Ein dediziertes Kapitel der Studie widmet sich daher ausführlich den beobachteten Unterschieden in den Parametern vorgefundener Risikomodelle. Bezogen auf die zugrunde liegende Datenbasis werden massive Unterschiede festgestellt: In Breite und Tiefe der jeweiligen Referenzdatensätze konnte nahezu keine Übereinstimmung gefunden werden.
Um die ausgewiesenen Kapitalquoten künftig noch besser vergleichen zu können, schlägt das Basler Komitee vor, Risikoberichte detaillierter zu formulieren und stärker zu standardisieren, unklare Elemente im Capital Framework (insb. bei IRB-Parametern) weiter auszuführen, die nationale Regulatorik weiter zu harmonisieren und eine Bereitstellung repräsentativer Benchmarks für einzelne Schätzwerte zu erwägen.
Die BIZ-Studie zur Bewertung von Kreditrisiken im Anlagenbuch finden Sie hier: http://www.bis.org/press/p130705.htm
Die BIZ-Studie zur Bewertung der Marktrisiken im Handelsbuch (Januar 2013) finden Sie hier: http://www.bis.org/publ/bcbs240.htm