Die Rubrik „Aktuelles“ auf der Website der BDO AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft beinhaltet eine Meldung hinsichtlich einer Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH). Der Aufsatz befasst sich mit Rechtsentwicklungen in Verbindung mit steuerbegünstigten Körperschaften:
Das steuerliche Gemeinnützigkeitsrecht ist geprägt von den Grundsätzen der Selbstlosigkeit, Ausschließlichkeit und Unmittelbarkeit, welche in §§ 55 bis 57 der Abgabenordnung (AO) gesetzlich normiert sind.
Das Gebot der Selbstlosigkeit, das im Grundsatz in § 55 Absatz 1 Satz 1 AO verankert ist, besagt, dass nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke, z. B. gewerbliche Zwecke oder sonstige Erwerbszwecke, verfolgt werden dürfen. Die Tätigkeit einer steuerbegünstigten Körperschaft muss hiernach auf nicht-eigenwirtschaftliche Zwecke gerichtet sein.
Bis zur Neufassung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung – „AEAO“ – durch das Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 17.01.2012 [Bundessteuerblatt (BStBl) 2012 Teil I Seite 83] prüfte die Finanzverwaltung insoweit, ob eine Körperschaft bei einer Gesamtbetrachtung durch ihre wirtschaftliche Tätigkeit „geprägt“ wurde oder durch ihre steuerbegünstigte Tätigkeit (Nr. 2 des AEAO zu § 55 Abs. 1 Nr. 1 in der alten Fassung). War erstes der Fall, wurde die Gemeinnützigkeit nicht gewährt beziehungsweise wieder aberkannt.
Diese „Geprägetheorie“ ist aufgehoben worden, was der neueren Rechtsprechung des BFH entspricht (Urteile vom 15.7.1998, Az.: I R 156/94, BStBl 2002 Teil II S. 162 und vom 4.4.2007, Az.: I R 76/05, BStBl 2007 Teil II S. 631) und im Übrigen im Schrifttum einhellig begrüßt wird.
Die Tätigkeit einer steuerbegünstigten Körperschaft darf auch künftig nicht in erster Linie auf die Mehrung ihres eigenen Vermögens „gerichtet sein“, ebenso wenig auf die Verfolgung der wirtschaftlichen Interessen der Mitglieder oder Gesellschafter (AEAO zu § 55, Nr. 1 Sätze 1 und 2).
Die Formulierung – „gerichtet sein“ – des § 55 Abs. 1 Satz 1 AO verdeutlicht, dass steuerbegünstigte Körperschaften ohne Verlust der Steuervergünstigungen durchaus (steuerpflichtige) wirtschaftliche Geschäftsbetriebe unterhalten dürfen, soweit diese nicht als eigenständige – satzungsmäßige – Zwecke der Körperschaft betrieben werden – auch nicht als „Nebenzweck“ –, sondern nur „anlässlich“ der Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke.
Gleiches gilt im Übrigen für die Vermögensverwaltung, obwohl vermögensverwaltende Tätigkeiten – anders als die Tätigkeiten im Rahmen steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe – bei steuerbegünstigten Körperschaften nicht der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer unterliegen. Auch diese Aktivitäten sollten in der Satzung einer steuerbegünstigten Körperschaft nicht genannt werden.
Steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe bzw. vermögensverwaltende Tätigkeiten sind jedenfalls im Hinblick auf das Gebot der Selbstlosigkeit unbedenklich – auch wenn sie nachhaltig zu Gewinnen bzw. Überschüssen führen –, sofern sie nicht in der Satzung als Zwecke der Körperschaft genannt werden.
Allerdings ist in diesem Zusammenhang auch das Gebot der Ausschließlichkeit gemäß § 56 AO zu bedenken (vgl. Nr. 1 des Anwendungserlasses zu § 56 AO in der neuen Fassung). Danach ist eine Körperschaft dann nicht steuerbegünstigt, wenn sie neben ihrer steuerbegünstigten Zielsetzung weitere Zwecke verfolgt und diese Zwecke nicht steuerbegünstigt sind.
Im Zusammenhang mit der Vermögensverwaltung und mit steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben – sogenannte „Nicht-Zweckbetrieben“ – folgt daraus, dass deren Unterhaltung der Steuerbegünstigung einer Körperschaft entgegensteht, wenn sie in der Gesamtschau zum Selbstzweck werden und in diesem Sinne neben die Verfolgung des steuerbegünstigten Zwecks der Körperschaft treten.
Die Vermögensverwaltung sowie die Unterhaltung eines Nicht-Zweckbetriebs sind aus der Sicht des Gemeinnützigkeitsrechts nur dann unschädlich, wenn sie um des steuerbegünstigten Zwecks willen erfolgen, indem sie z. B. der Beschaffung von Mitteln zur Erfüllung der steuerbegünstigten Aufgabe dienen.
Ist die Vermögensverwaltung beziehungsweise der steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetrieb dagegen nicht dem steuerbegünstigten Zweck untergeordnet, sondern ein davon losgelöster Zweck oder gar Hauptzweck der Betätigung der Körperschaft, so scheitert deren Steuerbegünstigung am Gebot der Ausschließlichkeit. In einem solchen Fall kann die Betätigung der Körperschaft auch nicht in einen steuerfreien und in einen steuerpflichtigen Teil aufgeteilt werden; vielmehr ist dann die Körperschaft insgesamt als steuerpflichtig zu behandeln.
Bei steuerbegünstigten Körperschaften, insbesondere Mittelbeschaffungskörperschaften (im Sinne des § 58 Nr. 1 AO) – also z. B. bei sogenannten „Fördervereinen“ –, die sich im Rahmen ihrer tatsächlichen Geschäftsführung an die in ihrer Satzung enthaltene Pflicht zur Verwendung sämtlicher Mittel für die satzungsmäßigen Zwecke halten, ist das Ausschließlichkeitsgebot selbst dann als erfüllt anzusehen, wenn sie sich vollständig aus Mitteln eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs oder aus der Vermögensverwaltung finanzieren.
Eine Körperschaft, welche steuerliche Begünstigungen wegen der Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke begehrt, hat im Übrigen gegebenenfalls nach den allgemeinen Beweislastregeln den Nachweis zu führen, dass sie nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt.
Weitere Informationen zum Thema steuerbegünstigte Körperschaften erhalten Interessenten hier:
Die Meldung der BDO AG zur Rechtsprechung des BFH finden Sie
als PDF-Datei unter diesem Link.
BDO AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Website: www.bdo.de