Unter dem Motto „Corporate Governance – Beitrag zu einer wirksamen Wirtschaft“ veranstalteten die Treuhand-Kammer, die schweizerische Kammer der Wirtschaftsprüfer und Steuerexperten, zusammen mit der Association of Chartered Certified Accountants (ACCA) ein erstes gemeinsames Event in Zürich. Die Veranstaltung bot eine Gelegenheit, das komplexe Thema Corporate Governance aus verschiedenen Blickwinkeln zu durchleuchten.
In der Finanz- und Wirtschaftskrise wurde wieder einmal der Ruf nach Nachbesserungen in der Corporate Governance, insbesondere von Publikumsgesellschaften, laut. Gelegentlich wird dabei auch bemängelt, dass die wertorientierte Unternehmensführung zu stark auf die Interessen der Kapitalgeber abstelle und dabei ökologische oder soziale Belange zu kurz kämen. Zudem wurde und wird die Rolle des Managements zunehmend kritisch hinterfragt.
Es diskutierten Gerold Bührer (Präsident economiesuisse), Paul Moxey (Head of Corporate Governance der ACCA, Großbritannien), Stefan Baldenweg (Partner Malik Management) sowie Dominique Biedermann (Director Stiftung Ethos), Prof. Karl Hofstetter (Verwaltungsrat Schindler Holding AG) und Daniel Lengauer (Partner KPMG Legal).
Best Practices der Corporate Governance
Die Veranstaltung machte deutlich, dass es in Europa gewisse allgemein akzeptierte Regeln der Corporate Governance gibt. Gerold Bührer zählt dazu eine ausgewogene Zusammensetzung des Aufsichtsorgans, die grundsätzliche Trennung von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung sowie eine faire Diskussions- und Streitkultur in den Boards. Ebenso gehöre dazu, dass die Aufsichtsorgane von ihren Geschäftsleitungen regelmäßig das Denken in Handlungsoptionen einzufordern hätten. Zu einer guten Unternehmensführung und -steuerung wird auch ganz allgemein eine starke Abschlussprüfung gezählt. Der Wirtschaftsprüfer sei – so Daniel Lengauer – ein wichtiger Agent der Aktionäre. Der Revisor könne jedoch kein flächendeckendes Präventions- und Aufdeckungsprogramm implementieren. Weiterhin wurde betont, dass die Abschlussprüfer regelmäßig auch ein wichtiger Sparringspartner für die Verwaltungsräte seien und wichtige Inputs für die Weiterentwicklung der Corporate Governance liefern könnten.
Auch wenn gewisse „Best Practices“ ausgemacht wurden, wurde dennoch deutlich, dass eine in einem Land als gut empfundene Corporate Governance in einem anderen Land weniger gut funktionieren mag. Dazu seien gesetzliche Rahmenbedingungen, Kulturen und menschliche Einstellungen aber auch die Unternehmen selbst zu unterschiedlich.
Erkennen von Zukunftspotenzialen als gute Unternehmensführung
Stefan Baldenweg definierte Good Corporate Governance daher anders. Ein Unternehmen sei immer dann gut geführt, wenn es gelänge, Zukunftsfähigkeit zu schaffen. Nur ein erfolgreiches Unternehmen, dem es gelinge künftige Wertschöpfungspotenziale zu entdecken und zu entwickeln, wird zufriedene Kunden, Mitarbeiter und Aktionäre haben. Im umgekehrten Fall hingegen leide auch die Corporate Governance. Oberste Maxime müsse daher sein, die langfristige Wertsteigerung zu sichern.
Selbstregulierung statt Überregulierung
Die strategische Unternehmensführung ist jedoch nicht regulierungsfähig und daher müsse gelten: „Freiräume statt Regulierungsdschungel“. Dafür plädiert auch Prof. Karl Hofstetter. Es sei bedenklich, wenn über das letzte Jahrzehnt bei der Anzahl an Börsengängen an den wichtigen Kapitalmärkten eine rückläufige Tendenz auszumachen sei. Dies habe mit einer wachsenden Regulierung zu tun, welche ein Public Offering unattraktiv werden lasse. Zudem gelte, dass die gegenwärtig zu beobachtende Regulierung vom „One size fits all“-Ansatz ausgehe. Alle Referenten stimmten überein, dass die Corporate Governance unternehmensspezifisch auszugestalten sei. Insoweit brauche es eine austarierte Balance zwischen Selbstregulierung im Sinne des bestehenden Swiss Code of Best Practice for Corporate Governance und gesetzlichen Vorgaben. Eine zu weit gehende Regulierung, wie sie die sogenannte Abzocker-Initiative vorsieht, wurde allgemein abgelehnt zugunsten von dispositiven Gesetzesregelungen, die den Aktionären Spielraum belassen würden.
Treu und Glauben als Schlüssel zu guter Unternehmensführung
Die Schlussplädoyers der Referenten machten folgendes deutlich: Die Aktionäre – insbesondere auch die institutionellen Anleger – sollten ihre Stimmrechte aktiv wahrnehmen. Der Verwaltungsrat habe die Oberleitung der Gesellschaft wahrzunehmen und daher insbesondere die Strategie zu formulieren. Im Sinne einer wirksamen Aufsicht sei daher Kompetenz und langjährige Erfahrung wichtiger als die formelle Unabhängigkeit der Verwaltungsräte. Bei seiner Tätigkeit stützt sich der Verwaltungsrat regelmäßig auf die Abschlussprüfer als wichtiges Element der Unternehmensüberwachung ab. Hier wurde zudem betont, dass die Qualität und Tiefe der Berichterstattung des Abschlussprüfers über die letzten Jahre erheblich gewonnen habe. Einigkeit herrschte, dass Überregulierung dringend zu vermeiden sei, solle Corporate Europe auch weiterhin weltweit eine bedeutende Rolle spielen. Die Rückbesinnung auf vernünftige Geschäfte im Sinne von Treu und Glauben sei daher der richtige Weg, wie es Dominik Bürgy, Präsident der Treuhand-Kammer, einleitend in seiner Begrüßung formulierte.
Mehr Information zum Schweizer Corporate Governance-Event
erhalten Interessenten hier:
Die Treuhand-Kammer-Meldung bezüglich der gemeinsamen Veranstaltung mit der ACCA
ist als PDF-Datei hier zu finden.
Treuhand-Kammer – Schweizerische Kammer der Wirtschaftsprüfer und Steuerexperten
Website: www.treuhand-kammer.ch
ACCA – Association of Chartered Certified Accountants
Website: www.accaglobal.com