Prüfungsausschuss und Abschlussprüfer: 10-Punkte-Programm für eine effektive Zusammenarbeit

„Nicht zuletzt durch die deutliche Erweiterung seines Aufgabenbereichs und seine explizite Nennung im Gesetz und im Deutschen Corporate Governance-Kodex ist der Prüfungsausschuss des Aufsichtsrats zu einem der wichtigsten Pfeiler einer guten Corporate Governance geworden. Für die Frage, wie ein Prüfungsausschuss diese Herausforderung und Erwartungshaltung meistert, spielt seine Interaktion mit dem Abschlussprüfer eine entscheidende Rolle. Der Prüfungsausschuss hat die Finanzberichterstattung zu prüfen. Der Abschlussprüfer wiederum hat den Prüfungsausschuss dabei zu unterstützen und hat außerdem gegenüber der Öffentlichkeit die Ordnungsmäßigkeit der Abschlüsse und Berichte zu bestätigen.“ So lautet die Einleitung eines aktuellen Gemeinschafts-Aufsatzes im Online-Newsticker des Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmens KPMG.

Zum Autorenteam gehören: Dr. Werner Brandt / Finanzvorstand der SAP AG und Mitglied der Prüfungsausschüsse verschiedener börsennotierter Unternehmen, Dr. Christoph Hütten / Chief Accounting Officer der SAP AG, und Prof. Dr. Rolf Nonnenmacher / KPMG Chairman der EMA-Region (Europa, Naher Osten, Afrika sowie Südasien). Brandt und Nonnenmacher gehören dem Roundtable des Berlin Center of Corporate Governance (BCCG) an.

Unter dem Titel „Prüfungsausschuss und Abschlussprüfer: 10-Punkte-Programm für eine effektive Zusammenarbeit und eine wirksame Unternehmensüberwachung“ umfasst das von den Autoren konzipierte 10-Punkte-Programm eine Reihe von Handlungsprinzipien, die zur Zielerreichung einer Ordnungsmäßigkeit bei Abschlüssen und Berichten beitragen soll:

Seiner traditionellen Pflicht zur Sicherstellung einer verlässlichen Rechnungslegung kann der Prüfungsausschuss nur gerecht werden, wenn sowohl seine eigene Prüfungstätigkeit als auch die von ihm überwachte Abschlussprüfung hochwertig sind und sich durch eine enge Zusammenarbeit gegenseitig ergänzt.

Für seine anderen Aufgaben, also der Überwachung der Risikomanagement- und Internen Kontrollsysteme, der Compliance und der Internen Revision, muss der Prüfungsausschuss überlegen, ob und wie der Abschlussprüfer ihn über das gesetzliche Mindestmaß hinaus unterstützen kann und soll.

Die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers ist quasi das Fundament der Zusammenarbeit zwischen Prüfungsausschuss und Abschlussprüfer. Diese Unabhängigkeit sicherzustellen muss für Prüfungsausschuss und Abschlussprüfer absolute Priorität haben. Prüfungsausschuss und Abschlussprüfer zusammen sind ein „Vertrauensanker“ für die Finanzberichterstattung.

Die Unternehmenspraxis hat sich in den letzten Jahren intensiv mit der Zusammenarbeit zwischen Prüfungsausschuss und Abschlussprüfer befasst. Daraus ist eine Reihe zukunftsweisender Ansätze hervorgegangen, die teilweise bereits in den Unternehmen Anwendung finden. Da sich gute Praxis meist induktiv entwickelt, gibt es bislang aber kaum ein Unternehmen, das diese Grundsätze umfassend erprobt und zur Anwendung gebracht hat.

Die Verfasser des Online-Beitrags haben daher die aus ihrrer Sicht wichtigsten Handlungsprinzipien in einem 10-Punkte-Programm zusammengefasst.

Das 10-Punkte-Programm:

  1. Der Prüfungsausschuss definiert die Kriterien für die Auswahl des Abschlussprüfers. Insbesondere muss die für die Wahl durch die Hauptversammlung vorgeschlagene Prüfungsgesellschaft an allen für das Unternehmen relevanten Standorten über die erforderliche fachliche Kompetenz und über ausreichende Ressourcen verfügen und die Anforderungen an die Unabhängigkeit erfüllen. Außerdem muss das zu vereinbarende Honorar angemessen sein. Der Prüfungsausschuss evaluiert zudem von Zeit zu Zeit, ob die Abschlussprüfung ausgeschrieben werden soll.
  2. Die Kommunikation zwischen Prüfungsausschuss und Abschlussprüfer bezieht den Vorstand explizit mit ein. Hierzu gehört auch, dass sich der Prüfungsausschuss vom Abschlussprüfer berichten lässt, ob dieser vom Vorstand angemessen informiert wird, wie der Vorstand mit Empfehlungen des Abschlussprüfers umgeht und wie Zweifelsfragen geklärt werden.
  3. Der Abschlussprüfer nimmt grundsätzlich an allen Sitzungen des Prüfungsausschusses teil, tagt bei Bedarf auch mit dem Prüfungsausschuss ohne Teilnahme des Vorstands und führt regelmäßig Vieraugengespräche mit den Vorsitzenden von Prüfungsausschuss und Aufsichtsrat.
  4. Die Teilnahme an den Sitzungen und die weiteren Gespräche dienen der kontinuierlichen gegenseitigen Unterrichtung über die Strategie und Lage des Unternehmens, bedeutende Transaktionen, Geschäftsrisiken, Prüfungen der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR), Schwächen im Internen Kontrollsystem, Compliance-Fälle und die Umsetzung von Empfehlungen von Prüfungsausschuss und Abschlussprüfer. Ein vertrauensvoller und fokussierter Dialog zu diesen Themen steigert die Qualität der Überwachung.
  5. Der Prüfungsausschuss beurteilt jährlich die Qualität der Abschlussprüfung. Dazu stellt ihm der Abschlussprüfer den Prüfungsansatz und -prozess, die IT-Unterstützung der Prüfung, die Prüfungsplanung und die Qualitätssicherung im Detail vor. Der Prüfungsausschuss berücksichtigt auch die relative Häufigkeit von Fehlerfeststellungen der DPR bei Mandanten des Abschlussprüfers. Darüber hinaus wäre es wünschenswert, wenn die Prüferaufsicht APAK zukünftig eine zur Weitergabe an Prüfungsausschüsse geeignete Darstellung der Ergebnisse der die einzelnen Unternehmen betreffenden Inspections zur Verfügung stellen würde.
  6. Der Prüfungsausschuss beurteilt jährlich die Qualifikation des Abschlussprüfers. Hierzu erstattet der Abschlussprüfer Bericht über die fachliche Aus- und Fortbildung der Mitarbeiter der weltweiten Prüfungsteams, über Maßnahmen zur Stärkung des vertieften Verständnisses des geprüften Unternehmens, über die Einbindung von Spezialisten (z. B. für Steuern, Versicherungsmathematik, Goodwill Impairment Tests) sowie über die Nachfolgeplanung wichtiger Prüfungsteammitglieder.
  7. Der Prüfungsausschuss lässt sich vom Abschlussprüfer eine umfassende Beurteilung der Qualität der Rechnungslegungsprozesse geben. Verfügt das Unternehmen in seinem Rechnungswesen über die erforderlichen Ressourcen und ist deren Qualifikation angemessen? Wie wirksam und wie effizient ist das Interne Kontrollsystem? Inwieweit resultieren Prüfungsfeststellungen aus Kontrollschwächen?
  8. Der Prüfungsausschuss diskutiert jährlich mit dem Abschlussprüfer dessen Prüfungsschwerpunkte und evaluiert regelmäßig, ob und wie der Abschlussprüfer die weiteren Aufgaben des Ausschusses und des Aufsichtsrats unterstützen kann. Diese Unterstützung umfasst zumindest eine Diskussion der vom Abschlussprüfer während seiner Prüfung der Rechnungslegung gewonnenen Erkenntnisse zur Wirksamkeit von Internem Kontrollsystem, Risikomanagementsystem, Internem Revisionssystem und Compliance Management System. Bei Bedarf erfolgt die Beauftragung weitergehender Prüfungshandlungen.
  9. Zur Sicherung der Unabhängigkeit darf der Abschlussprüfer nach Gesetz nur in sehr eingeschränktem Umfang andere Prüfungs- und Beratungsleistungen erbringen. Der Prüfungsausschuss übernimmt die Genehmigung dieser Leistungen. Hierzu stellt er eine Genehmigungsrichtlinie auf, nach der bestimmte unkritische Leistungen bis zu einem bestimmten Volumen pauschal vorab genehmigt sind, während alle anderen vom Prüfungsausschuss oder dessen Vorsitzendem einzeln genehmigt werden müssen. Zudem kann eine unternehmensindividuelle Obergrenze für den Umfang der Nicht-Prüfungsleistungen im Verhältnis zum Prüfungshonorar festgesetzt werden.
  10. Der Prüfungsausschuss und der Vorstand setzen sich mit den Feststellungen und Empfehlungen des Abschlussprüfers auseinander. Die Maßnahmenpläne des Vorstands zur Umsetzung der Empfehlungen werden durch den Prüfungsausschuss – gegebenenfalls unterstützt durch den Abschlussprüfer – nachverfolgt.

 

Die Prüfungsausschüsse und die Abschlussprüfer sind sich ihrer Verantwortung für die Verlässlichkeit der Finanzberichterstattung bewusst. Deshalb arbeiten sie intensiv daran, wie sie die ihnen obliegende Überwachung noch wirksamer gestalten können. Das hier vorgestellte 10-Punkte Programm enthält effektive und praxiserprobte Handlungsgrundsätze, die in ihrer Gesamtheit einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung der Corporate Governance leisten.

Als Fazit appellieren die Autoren an alle Unternehmen, dieses 10-Punkte-Programm in der Praxis anzuwenden: „Anders als wirklichkeitsfremde dirigistische Markteingriffe, wie von der EU-Kommission vorgeschlagen, sind die hier vorgestellten Handlungsempfehlungen tatsächlich geeignet, das Vertrauen in die Qualität der Abschlussprüfung und die Unternehmensüberwachung zu stärken.“

Mehr zum Thema „10-Punkte-Programm“ finden Sie hier:

Zugang zu dem KPMG-Aufsatz „Prüfungsausschuss und Abschlussprüfer: 10-Punkte-Programm für eine effektive Zusammenarbeit und eine wirksame Unternehmensüberwachung“ erhalten Interessenten hier.

KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Website: www.kpmg.de

Kontakt:
Rolf Nonnenmacher – rnonnenmacher@kpmg.com
KPMG Chairman der EMA-Region (Europa, Naher Osten, Afrika sowie Südasien)